Aarhus Universitets segl

Nr. 444: Lebensraum- und Beuteanforderungen für den Steinkauz in Dänemark

Sunde, P., Mayer, M., Fox, A.D., Holm-Andersen, A., Šálek, M., Lindhøj, F.J., Krištín, A., Obuch, J., Chrenkova, M., Kaatz, G., McAneney, C., Kaczmar, E., Brøndum, K., Christensen, M.M., Jensen, E.H., Rudbeck, A.V., Skjoldager, M. & Jacobsen, L.B. 2021. Det biologiske levegrundlag for kirkeugler i Danmark. Aarhus Universitet, DCE – Nationalt Center for Miljø og Energi, 58 s. - Videnskabelig rapport nr. 444
http://dce2.au.dk/pub/SR444.pdf

 

Zusammenfassung

Lebensraum- und Beuteanforderungen für den Steinkauz in Dänemark

Mit weniger als 15 bekannten verbleibenden Brutpaaren ist der Steinkauz Athene noctua als dänischer Brutvogel vom Aussterben bedroht, da die Jungtierproduktion aufgrund mangelnder natürlicher Nahrung während der Brutzeit unzureichend ist. Die Erhaltung der derzeit verbleibenden Population erfolgt nur durch künstliche Ergänzungsfütterung während der Brutzeit. Das zukünftige Überleben einer sich selbst tragenden Steinkauz Population in Dänemark ohne künstliche Fütterung ist nur durch die Wiederherstellung ihrer natürlichen Beutebasis möglich. Um die Empfehlung wirksamer Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums zu ermöglichen, ist es erforderlich zu wissen (i) welche ehemals häufigen Beutetiere der Steinkauz in der heutigen dänischen Agrarlandschaft fehlen, (ii) wie dies mit bestimmten Landschaftselementen zusammenhängt (Dichte und Mosaik von Landnutzungsarten, Hecken, Biotope usw.) und (iii) den Maßstab in dem der Steinkauz die Landschaft nutzt.

Dieser Bericht ist das Ergebnis einer Studie zur Ermittlung der Anforderungen an die Erhaltung einer natürlichen, selbsttragenden Steinkauz Population in Dänemark. Die Studie wurde 2019-2020 vom dänischen Zentrum für Umwelt und Energie der Universität Aarhus in Zusammenarbeit mit dem Naturkundemuseum Aarhus durchgeführt, finanziert vom dänischen Umweltministerium. Wir haben eine nachhaltige und sich selbst tragende Steinkauz Population (ca. 140 Brutpaare) in Schleswig-Holstein, Deutschland, als Referenz ausgewählt für den Vergleich von (1) Ernährung, (2) Beutetierdichte und (3) Landschafts- und Habitat Zusammensetzung mit der Dänischen Population, welche derzeit nur durch ergänzende künstliche Fütterung erhalten wird. Wir haben auch die Raumnutzung von erwachsenen Steinkäuzen mit GPS-Sendern in Dänemark und in Böhmen (Tschechische Republik) verglichen (GPS Besenderung war in Deutschland nicht möglich). Der Bericht basiert größtenteils auf empirischen Daten, die im Zeitraum 2019-20 gesammelt wurden (Lebensraumzusammensetzung, Beutedichte, Verhalten), enthält jedoch auch veröffentlichte und unveröffentlichte Daten aus dem Zeitraum 1974-2011. Dieser Bericht fasst die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus diesen Studien unter den folgenden Überschriften zusammen, die für das künftige Management der Steinkauz in Dänemark am relevantesten sind.

Nahrungszusammensetzung von brütenden Steinkäuzen in Himmerland, Dänemark und Schleswig-Holstein, Deutschland

Wir haben die Zusammensetzung der Nahrung von brütenden Steinkäuzen in Dänemark beschrieben (im Zeitraum 2008-2020), basierend auf Gewöllen von zehn verschiedenen Brutpaaren und Nestkamerafotos von drei Brutpaaren. Der Großteil der natürlichen Nahrungsbiomasse bestand aus Regenwürmern (47%), gefolgt von Wirbeltieren (34%, bestehend aus 28% Säugetieren und 6% Vögel und Amphibien) und Insekten (19%). Die häufigsten Säugetiere in den dänischen Steinkauz Gewöllen waren Wühlmäuse (Erdmaus Microtus agrestis und Feldmaus M. arvalis), Hausmäuse Mus musculus und Waldmäuse Apodemus sylvaticus. Im Vergleich dazu bestand die Nahrung von fünf Brutpaaren in Schleswig-Holstein im Jahr 2019 (in welchem Steinkäuze einen Rekord Bruterfolg hatten) zu 90% aus Wirbeltieren (81% Erdmäuse), zu 7% aus Regenwürmern und zu 3% aus Insekten. Im Vergleich zu ausländischen Steinkauz Paaren wurde die Brut von dänischen Steinkäuzen in größerem Maße von Regenwürmern dominiert und enthielt weit weniger Nagetiere, insbesondere Erdmäuse. Dies deutet darauf hin, dass dem Steinkauz Wühlmäuse und andere Nagetiere in der dänischen Landschaft als Nahrungsgrundlage während des Sommers fehlen.

In Gewöllen aus Dänemark in den Jahren 2011 und 2019-20 machten Laufkäfer (Carabidae) 56% und 72% aller identifizierbaren Insektenreste aus, während Blatthornkäfer (Scarabaeidae) weniger als 5% ausmachten, obwohl diese Artengruppe in der Literatur als wichtige Beutegruppe für brütende Steinkäuze gilt. Im Vergleich machten in Schleswig-Holstein Laufkäfer und Blatthornkäfer 39% und 26% aller identifizierbaren Insektenreste nach Anzahl aus.

Die zusätzliche Fütterung von Eintagsküken machte 38% des gesamten Futterverbrauchs der dänischen Steinkäuze aus. Dies bestätigt, dass diese Ersatznahrung eine bedeutende Energiequelle für die verbleibenden dänischen Brutpaare darstellt, um ihren Nachwuchs aufzuziehen.

Beutedichte der Steinkauz in Dänemark und Schleswig-Holstein

Wir haben von Mai bis Juni 2019 die Dichte von bodenlebenden Insekten und kleinen Säugetieren in 24 ehemaligen und derzeit besetzten Steinkauz Territorien in Himmerland (Dänemark) und Schleswig-Holstein untersucht (12 Territorien pro Land). Die Anzahl der gefangenen Insekten pro Woche war im Allgemeinen höher in Himmerland als in Schleswig-Holstein. Dies deutet darauf hin, dass ein geringerer Bruterfolg dänischer Steinkäuze nicht mit einer geringeren Dichte großer Insekten (v.a. Käfer oder der Hauptnahrung der Käfer, Regenwürmer) zusammenhängt. Nagetiere (v.a. Langschwanzmäuse, Muridae) waren sechsmal häufiger in Schleswig-Holstein als in Dänemark (95% Konfidenzintervalle: 2-18). Dies deutet darauf hin, dass ein geringerer Bruterfolg in Dänemark auf eine geringere Nagetierdichte zurückzuführen ist. In besetzten Territorien der Steinkauz unterstützten Habitate in größerer Entfernung vom Nest (weg von Gebäuden) eine neunfach höhere Dichte kleiner Nagetiere (95% -Konfidenzintervalle: 3-26) im Vergleich zu Habitaten unmittelbar um die Gebäude, in denen Steinkäuze brüteten. In verlassenen Territorien gab es keine derartigen Unterschiede, was darauf hindeutet, dass das Vorhandensein von brütenden Steinkäuzen die Dichte kleiner Nagetiere in Gebieten unmittelbar um das Nest verringert.

Landschafts- und Habitat Zusammensetzung um Steinkauz Brutplätze in Dänemark und Schleswig-Holstein

Wir haben die Landschaftszusammensetzung in einem Umkreis von 500 m von 23 Steinkauz Brutplätzen in Himmerland und 46 Brutplätzen in Schleswig-Holstein kartiert und verglichen. Im Durchschnitt enthielten Steinkauz Territorien in Schleswig-Holstein doppelt so viele verschiedene Landschaftselemente und dreimal so viele Windschutzstreifen als in Himmerland. Diese Ergebnisse bestätigen frühere Studien, die zu dem Schluss kamen, dass der Bruterfolg von Steinkäuzen positiv mit einer hohen Habitat Heterogenität und verstreuten (vorzugsweise älteren) Bäumen korreliert.

Bewegungsmuster, Habitat Nutzung und Selektion von brütenden Steinkäuzen in Dänemark und der Tschechischen Republik

Wir haben Bewegungsmuster, Habitat Nutzung und Selektion von sechs dänischen und sechs tschechischen Steinkäuzen untersucht, die mit GPS-Loggern ausgestattet wurden. Dänische männliche Steinkäuze bewegten sich in Durchschnitt über eine Fläche von 54 ha pro Nacht und waren durchschnittlich 248 m vom Nest entfernt, verglichen mit 1,5 ha und 34 m bei weiblichen Käuzen. Der Aktionsradius der dänischen Kauz Männchen war zehnmal größer als in der Tschechischen Republik, was auf geringere Beutetierdichten in Dänemark hinweist. Dänische Steinkauz Männchen nutzen teilweise auch bewaldete Gebiete (im Gegensatz zu den tschechischen Männchen), was auch auf Beuteknappheit in der offenen Agrarlandschaft hinweist. Die brütenden Steinkäuze in Dänemark und der Tschechischen Republik verbrachten mehr als die Hälfte ihrer Zeit in Gärten und bebauten Gebieten und nutzten diese mehr als von der Verfügbarkeit erwartet. Feldgrenzen und Straßenränder waren auch bevorzugte Habitat Elemente, was die Bedeutung von Habitat Heterogenität und Randzonen für Beutetiere und/oder den Jagderfolg für Steinkäuze bestätigte.

Schlussfolgerungen und Management Auswirkungen

Mehrere Ergebnisse aus dieser und anderen Studien legen nahe, dass der Mangel an Nagetieren, möglicherweise insbesondere Wühlmäuse, zum schlechten Bruterfolg der dänischen Steinkäuze beiträgt. Das Erreichen einer sich selbst tragenden, lebensfähigen dänischen Steinkauz Population (unabhängig von künstlicher Ergänzungsfütterung während der Brutzeit) ist nur möglich, indem die Populationsdichte und Verfügbarkeit kleiner Nagetiere (wahrscheinlich insbesondere Wühlmäuse) in Steinkauz Territorien erhöht wird. Zusätzlich sollte in diesen Territorien auch andere Nahrung häufig sein, z.B. Regenwürmer und Bodeninsekten wie Lauf- und Blatthornkäfer.

Eine Verbesserung der Nagetierdichte ist möglich, indem die Breite, Länge und Anzahl von Feldrainen und Hecken erhöht und ihre Qualität als Lebensraum verbessert wird, nicht zuletzt im Winter, wenn keine andere Nahrung zur Verfügung steht. Die Einrichtung von "Wildstreifen", bei denen permanente Grasstreifen entlang bestehender Feldgrenzen verbleiben, kann einen wichtigen Beitrag leisten, ebenso wie die Brachlegung kleiner Gebiete, um größere Nagetierpopulationen zu unterstützen. In Gebieten, in denen die Feldmaus fehlt (in Teilen Himmerlands), sollten Habitat Verbesserungen auf die Erdmaus abzielen, welche dichtere Bodenvegetation, hohes und altes Gras benötigt, im Gegensatz zur Feldmaus, welche jüngere und offenere Grasvegetation bevorzugt.

Der Steinkauz jagt auf v.a. in Gebieten mit niedriger Bodenvegetation. Daher ist es wichtig, die Länge (und Qualität) der Grenzzonen zwischen Beutetierlebensräumen (höhere Vegetation) und offenen Flächen, wo der Steinkauz ihre Beute fängt, zu maximieren. Dies gilt wahrscheinlich insbesondere für den Fang von Erdmäusen, welche sich sonst nur selten aus der Deckung bewegen.

In der Praxis könnte das optimale Mittel zum Erreichen einer solchen Matrix darin bestehen, Wege durch Bereiche mit dauerhaft hohem Gras zu schneiden, oder abwechselnde Streifen von Weideflächen und Dauergras auf teilweise beweideten Flächen zu erzeugen. Weitere potenzielle positive Maßnahmen sind das Erhalten gefallener Äste, Zweige, Trümmer und alter Laub- und Grasabfälle als Grundlage für Nagetiere und Insekten sowie die Bereitstellung von Jagdposten für den Steinkauz und andere Greifvögel. Neben der Förderung kleiner Nagetiere sollten die oben genannten Maßnahmen auch die Häufigkeit und Verfügbarkeit von Bodeninsekten und die Verfügbarkeit von Regenwürmern (eine wichtige Nahrungsquelle bei feuchtem Wetter) fördern.

Ergebnisse aus der Tschechischen Republik bestätigten, dass der Steinkauz bei ausreichender Nahrungsversorgung meist in einem Umkreis von 100 m um das Nest verbringt und sich nur gelegentlich weiter als 200 m entfernt. Es sollte daher möglich sein, eine ausreichende Beutetierbasis in einer Entfernung von 200 m von dänischen Nestern bereitzustellen. Da selbst dänische Steinkäuze 80% ihrer Zeit innerhalb von 100 m vom Nest verbringen, hat die Verbesserung des Lebensraums in dieser Entfernung vom Nistplatz höchstwahrscheinlich einen großen positiven Einfluss auf den Jagderfolg, um eine nachhaltige Nachwuchsproduktion ohne zusätzliche Fütterung aufrechtzuerhalten.

Die Populationsdynamik von Insekten und Nagetieren hängt von der Landschaftskonfiguration, Fragmentierung und der landwirtschaftlichen Nutzung ab. Daher beeinflusst die Landschaftsstruktur außerhalb von Steinkauz Territorien wahrscheinlich auch die Beutetierdichte innerhalb Steinkauz Territorien. Aus diesem Grund sollten Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums auch auf die umliegende Agrarlandschaft angewandt werden.

Wir können nicht genau vorhersagen, wie und in welchem ​​Umfang die Beutetierpopulationen des Steinkauzes auf bestimmte Lebensraumverbesserungen reagieren werden. Um sicherzustellen, dass bewährte Verfahren gefördert werden können, ist es daher wichtig die Auswirkungen von Experimenten zur Lebensraumverbesserung zu überwachen.

Letztlich ist es auch wichtig, mögliche nachteilige Auswirkungen von Rodentizid Einsatz auf die Nagetierdichte und sekundäre Vergiftungen von Steinkäuzen in Betracht zu ziehen (dies war nicht Teil dieser Studie). Solange wir nicht wissen, ob und in welchem Ausmaß der Einsatz von Rodentiziden ein Problem für die Beutepopulationen und den Steinkauz selbst darstellt, schreibt das Vorsorgeprinzip vor, dass der Einsatz von Rodentiziden in Steinkauz Territorien auf ein Minimum beschränkt werden sollte. Die hier präsentierten Daten legen nahe, dass der Steinkauz Nagetiere effektiv regulieren kann. Wenn Ratten durch andere Methoden als die Verwendung von Gift kontrolliert werden können, wird eine unbeabsichtigte Vergiftung der kleineren Nagetiere, die Beute der Steinkauz sind, vermieden.